Mit 15 Jahren Mama geworden
Dass man hier an mich geglaubt hat, mir gesagt hat: ,Du schaffst das!‘ war so wichtig für mich und hat mir so gut getan“, sagt die 27-jährige Veronika (Name geändert). 14 Jahre alt war sie, als sie bemerkte, dass sie schwanger ist. Der positive Schwangerschaftstest stürzte sie zunächst in ein echtes Gefühlschaos. Sowohl positive als auch negative Gedanken geisterten ihr durch den Kopf. Ihre Umgebung reagierte gemischt. „Meine Freunde fanden es eigentlich alle cool“, erinnert sich Veronika. Bei vielen Erwachsenen aus ihrem Umfeld herrschte im ersten Moment aber vor allem „Weltuntergangstimmung“. Viele sagten ihr, dass diese Schwangerschaft „mein Leben versaut. Das war schon hart und vor allem so gar nicht das, was ich empfunden habe. Das war mein Kind, keine Katastrophe.“
Das Allerschlimmste waren für Veronika aber jene Kommentare, die ihr prophezeiten, keine gute Mutter zu werden. „Wer jung ist, der kann das nicht – das war so die gängige Annahme. Das hat mich schon verunsichert.“ Negatives erfährt Veronika auch auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln: „Ich erinnere mich an Leute, die mich in der U-Bahn beschimpft haben. Das hat mich sehr getroffen.“
UNTERSTÜTZUNG DURCH YOUNGMUM
Ihr Gynäkologe macht sie schließlich auf YoungMum aufmerksam, eine Einrichtung, die schwangeren Jugendlichen unentgeltlich medizinische Betreuung, kompetente Hilfe, verständnisvolle Zuwendung und soziale Begleitung während der gesamten Schwangerschaft bis zum ersten Geburtstag des Babys anbietet. Bis heute ist Veronika froh darüber, dass sie den Weg zu YoungMum gefunden hat. Endlich ist sie an einem Ort, an dem sie sich voll und ganz verstanden fühlt, an dem sie Menschen trifft, die ihr Mut machen, das Leben mit Kind zu wagen. Hebammen, Gynäkologen, praktische Ärzte, Psychologen, Ernährungsberater, sowie ein Sozial- und Rechtsberater sind hier für sie Ansprechpartner. Auch dass sie dort andere junge Frauen trifft, die in dergleichen Situation sind, tut ihr gut.
Als ihr Sohn schließlich geboren wird, ist Veronika 15 Jahre alt. Ein Jahr geht sie in Karenz, danach kehrt sie in die Schule zurück. „Eigentlich wollte ich ja nur das 9. Schuljahr nachholen, das ich wegen der Schwangerschaft abbrechen musste. Dann wollte ich mir eine Lehrstelle suchen, um Geld zu verdienen und meinen Sohn und mich versorgen zu können.“
Doch es kommt anders: Veronika lernt leicht, schafft das 9. Schuljahr spielend. „Ich hatte abends viel Zeit für die Hausübungen, fürs Lernen“, sagt sie. Nach einem Jahr ist ihr klar, sie möchte die Schule abschließen, Matura machen, studieren. „Das hab ich dann auch gemacht.“ Ihr Sohn beginnt mit der Schule, als Veronika mit dem Studium beginnt – die Wahl fällt auf Ergotherapie. „Ich wollte immer im Gesundheitsbereich arbeiten, oder etwas mit Kunst machen“, sagt sie: „Bei Ergotherapie habe ich von beidem etwas dabei.“
"ICH HABE NICHTS VERSÄUMT"
Ihrem Sohn ist mittlerweile mit seinen fast 12 Jahren langsam bewusst, dass er eine sehr junge Mama hat. „Er findet das cool“, lacht Veronika. Ob sie irgendetwas verpasst hat, weil sie so jung ein Kind bekommen hat? Das „Nein“ auf diese Frage kommt schnell und überzeugt:
„Ich lebe mein Leben mit meinem Kind, nicht trotz meines Kindes. Ich mache Dinge, die viele Menschen in meinem Alter machen – aber eben mit meinem Sohn.“ Ein Beispiel? „Wir reisen viel“, erzählt die junge Frau.
Zum Studienabschluss etwa packte sie einen großen Rucksack für sich und einen kleinen für ihren Sohn und reiste mit ihm nach Sri Lanka. „Einfach nur wir zwei. Rucksacktouristen. Das war großartig. Mein Sohn hat es geliebt – Sri Lanka, das war wie Tiergarten, nur ohne Käfige. Ein echtes Abenteuer.“ Das kleine Auto, das sich Veronika mittlerweile gekauft hat, hat sie hinten so umgebaut, dass man eine Matratze hineinlegen und im Auto übernachten kann. „Unser kleines Hartschalenzelt“, lacht sie.
NICHTS SCHÖNREDEN
Um ihren Sohn und sich selbst gut versorgen zu können, arbeitet Veronika als Ergotherapeutin. Seit vergangenem Juni ist sie außerdem als Beraterin bei YoungMum tätig. Hier berät und begleitet sie Teenager mit Respekt, Höflichkeit, Freundlichkeit und einem großen Maß an Wohlwollen. So wie auch sie vor vielen Jahren betreut und beraten wurde.
„YoungMum ist ein Platz, wo man alles sagen kann. Hier ist es normal, dass man so jung schwanger ist. Man fällt nicht auf und das ist sehr angenehm. Darüberhinaus sind hier Menschen, die dir sagen, dass du das schaffen kannst, dass dein Leben mit Kind schön sein wird – das ist eine Erfahrung, die extrem gut tut“, sagt Veronika. Dabei gehe es keinesfalls darum, alles schön zu reden. „Die Situation, so jung schwanger zu werden, ist nicht leicht“, sagt sie und es sei wichtig, Mädchen in dieser Situation zu sagen, was auf sie zukommt.
BESONDERE BEGLEITERIN
Veronika weiß, wovon sie spricht. Für die jungen Mädchen ist sie wohl auch deshalb eine ganz besondere Begleiterin. Sie spricht mit den Mädchen über ihren Alltag, macht Entspannungstraining oder wird beim Bauchmalen und Bauchgipsen künstlerisch aktiv. Sie verweist sie – wenn sinnvoll – an den Rechts- und Sozialarbeiter von YoungMum, der genau weiß, wo sich die Mädchen Unterstützung finanzieller Natur holen können. Und sie kocht mit den Mädchen – damit sie lernen, wie man rasch eine gesunde Mahlzeit für Mutter und Kind auf den Tisch bringen kann. „Ökofastfood nenn’ ich das“, lacht Veronika.
MEIN KIND IST EIN GROSSES GLÜCK
Das Leben ist gut, so wie es ist. Das sieht und hört man Veronika an. „Ich habe ein feines Umfeld, einen wirklich netten Freundeskreis, der meinen Sohn niemals ausgeschlossen hat, es als ganz selbstverständlich sieht, dass er dabei ist. Und mein Kind ist sowieso ein großes Glück für mich – er ist in meinem Leben, ich darf ihn begleiten, darf die Welt mit Kinderaugen sehen.“